KONSTANZER ZEITUNG, 5. Juli 1919
AUS STADT UND LAND
Kaffee-Passage
Das Juliprogramm weist wieder einige recht zugkräftige Nummern auf. Die Konzertsängerin Anita Schyra singt mit reichen Stimmitteln und Technik recht gut. Mirzl Marian ist eine temperamentvolle Stimmungssoubrette. Auch die Walzer- und Liedersängerin Any Moos gibt sich Mühe und der bekannte urkomische Nika Eggmaier übt immer noch seine Anziehungskraft aus. Den Glanzpunkt des Abends bilden jeweils die türkischen Fakire Ben Abdul und Selima. Die 14 jährige Suleika mit ihren indischen Schleier- und Feuertänzen vollendet den Reigen der abwechslungsreichen Spielfolge. Ein Besuch ist zu empfehlen.
KONSTANZER ZEITUNG, 11. August 1919
AUS STADT UND LAND
Cabarett Corso.
Das Cabarett Corso hat wieder ein ganz gutes Programm, das immer noch auf gediegenen Ton gestimmt ist. An erster Stelle ist da ein humoristischer Sänger, Patschky, zu nennen, der mit seinem Vortrag „Braucht an Bauer an Huat?“ stürmischen Beifall auslöst. Unter den anderen Kräften sind noch zu erwähnen die Sprecherin M. Toselly, Lilly North, die Vortragskünstlerin Mie Helbach und der Sänger Gerbeck. Die Vorträge, in Verbindung mit dem stimmungsvollen Raum, gewährleisten einen gemütlichen Abend.
KONSTANZER ZEITUNG, 13. September 1919
AUS STADT UND LAND
m. Kaffee Passage.
Das September Programm von Betzolds Kleinkunstbühne weist wieder einige gute Nummern auf, von denen in erster Linie der Solo-Schauspieler Hans Neumann genannt sein darf. Seine Rezitationen zeitgemäßer Dichtungen sind anerkennenswerte Leistungen und seine komischen Vorträge stehen in gleicher Höhe. Der Manipulator, Zauber- und Silhouettenkünstler Quäl Salern versteht die Besucher in fortwährendes Staunen zu versetzen. Auch die übrigen Mitglieder, so Klara Sidney mit ihren Charaktertänzen, die Stimmungssoubrette Lola Orla und nicht zuletzt der Kabarett-schriftsteller Willy Schönbein stellen sich würdig ins Ganze, sodaß der jeweilige große Beifall nicht unverdient ist.
KONSTANZER ZEITUNG, 22. September 1919
AUS STADT UND LAND
Kabarett Korso.
Das Septemberprogramm kann als gut bezeichnet werden. Neben der Tänzerin Berta Randolf vom Stuttgarter Hoftheater finden Kurt Werner als Sänger, Asta Fürstenberg, die zugleich als Sprecherin fungiert, mit ihren Vorträgen lebhaften Anklang. Der bekannte sächsische Komiker Artut Türke versetzt die Anwesenden mit seinen ansprechenden Vorträgen in beste Stimmung. Mary Wallner ist eine temperamentvolle Vortragskünstlerin und bietet gute Abwechslung. Die Hauskapelle unter Kapellmeister Kochs vorzüglicher Leitung füllt die Zwischenpausen des sehenswerten Programms bestens aus. Anschließend an das Kabarett findet jeweils Trokadero statt.
KONSTANZER ZEITUNG, 25. September 1919
AUS STADT UND LAND
Von der Konstanzer Messe.
Zu den sehenswertesten Darbietungen auf dem Döbele kann die Schaustellung gezählt werden, in der neben dem Medium Madelaine Tosca Flora das Riesenehepaar Brunhilde und Siegfried auftreten. Brunhilde hat eine Größe von etwa 2 Metern und ein Gewicht von 280 Pfund, während ihr Ehemann Siegfried 2,41 Meter groß ist, aber „nur“ 260 Pfund wiegt. Vor dem Kriege hatte er einen Zentner mehr. Brunhilde ist Berlinerin und 22 Jahre alt, Siegfried stammt aus Düsseldorf und hat 28 Lebensjahre hinter sich. In der anderen Abteilung der Schau tritt die Gedankenleserin Madelaine auf, die nach dem bekannten Muster der Fragestellung, allerdings mit erstaunlicher Schnelligkeit und verblüffender Sicherheit Zahlen von Würfeln, Vornamen, Alter und Beruf von Anwesenden errät. Die Vorführungen vervollständigt der Togo-Neger John, den wir vom Zirkus Henny noch zu kennen glauben. Er macht uns mit Sitten und Gebräuchen seiner Heimat bekannt, „frißt“ Feuer und zertritt mit nackten Sohlen Glasscherben. Der Besuch empfiehlt sich.
KONSTANZER NACHRICHTEN #123, 4. Mai 1920
THEATER UND KONZERT
D. Die Ankündigung eines Tanzabends von Sent M'ahesa hätte genügen sollen, das Theater am Sonntag abend bis auf den letzten Platz zu füllen. Doch dem war nicht so. Das Haus zeigte ziemlich große Lücken, wohl zurückzuführen auf die verschiedenen sonstigen Veranstaltungen und auch auf die Messe. Ueberhaupt ist der Sonntag der wenigst geeignete Tag für derartige künstlerische Veranstaltungen. Die Tänze der Sent M'ahesa, der „Tochter des Löwen“ sind von fesselndem, eigenartigen Reiz und verraten starkes, künstlerisches Empfinden und Können der Darstellerin. Sie tanzt den alten Orient in überfeinerter europäischer Kultur und hervorragendstem Geschmack, sowohl in Kostüm, wie auch in der Beherrschung des ganzen Körpers. Feierlich-ernst, wie aus Erstarrung erwachend, beginnt in dem alt-ägyptischen Tanz „Mangöttin“ der Körper sich zu bewegen, die Flügel werden ausgebreitet und es beginnt ein Tanz, wie er in den Tempeln der Ägypter heimisch gewesen sein mag. Man fühlt orientalische Mystik und Götterkult sich näher gebracht. In ähnlichen Bahnen wandelt der Tanz „Siamesische Gottheit“. Hier ist der Körper fließende Bewegung und gebrochene Linie. Sprühendes Leben und orientalische Sinnlichkeit springt auf in „Belsazars Gastmahl“ und „Beduinentanz“. Die Tanzschöpfungen unter dem Namen „Arabesken“ zeigen die Künstlerin als grünen und weißen Pfau. Der Tanz „weißer Pfau“ ist eine wundervolle Leistung. Ein Rhythmus und eine körperliche Linienführung, die entzückt. Das Pfauenrad erhöht wohl den Reiz, stört aber mitunter den Fluß der Linien. Beeinträchtigt wurden die wertvollen Tanzleistungen durch die minderwärtige Spielweise des kleinen Orchesters. Es klappte nicht. Feierliche Tänze nahm das Orchester rasch und temperamentvolle mit störender Langsamkeit. Tänze, wie die vorgeführten, erfordern gerade vom Musiker ein Eingehen auf die eigenartigen Weisen und genaueste Interpretation. Auch der Bediener des Scheinwerfers hätte sich mehr Mühe geben dürfen. Auch das Publikum ließ es an Wärme des Beifalls der Künstlerin gegenüber fehlen.
KONSTANZER ZEITUNG #126, 18. Mai 1920
AUS STADT UND LAND
Cabarett Corso. Das Maiprogramm im Cabarett Corso ist wieder sehr reichhaltig und abwechslungsreich. Die bekannte nordische Filmschauspielerin Christa Christensen trägt einige gutgewählte Stücke in gediegenster Technik vor. An ihrer Sprachbehandlung und ihrer Gestaltung des Vortrags ließe sich für manche Künstler etwas lernen. Ueberdies bietet sie Gelegenheit, eine Vertreterin des interessanten Typs der nordischen Filmdiva kennen zu lernen. Eine gutgewachsene, bewegliche Tänzerin ist Hedy Orlitt. Lutz und Liesel Bürenau singen ernste und heitere Sachen und tanzen einen Biedermeiersketch, Kurt Hendgen weiß durch einige grotesk-humoristische Stücke die Heiterkeit des Publikums zu wecken. Besonderer Erwähnung wert ist noch das gute, kleine Hausorchester, das viel dazu beiträgt, Stimmung zu machen.
KONSTANZER ZEITUNG #133, 26. Mai 1920
AUS STADT UND LAND
Der Zirkus Holzmüller, dessen Vorstellungen bei vollbesetztem Hause Anklang und Beachtung finden, hatte am gestrigen Vorabend seines Hierseins, um in gutem Zirkusdeutsch zu reden, seine Attraktion. Um die Vorführungen im Löwenkäfig noch etwas nervenkitzelnder zu machen, hatte man sich die gegenwärtig im Cabarett Corso allabendlich mit großem Erfolg auftretende nordische Filmdiva Christa Christensen verschrieben, die nach der Ankündigung mit dem Tierbändiger Schmitz drei Minuten im Käfig bei einer Flasche Wein zu verbringen hatte. Mochte die Diva auch leichten Herzens in den Käfig gegangen sein, als aber der Berberlöwe in Abwesenheit des Bändigers ungestüm im Käfig herumlief, wird ihr das Gruseln doch wohl etwas gekommen sein, trotzdem Herr Fischer, der wohl auch mit den Tieren etwas näher bekannt ist, den Löwen beobachtete. Aber auch dieses kleine Abenteuer ging wie so viele vorüber und das Publikum hatte seine Sensation.
KONSTANZER ZEITUNG #135, 28. Mai 1920
AUS STADT UND LAND
Im Cabarett Corso haben die Vortragenden ihr Repertoire ergänzt und teilweise geändert. Als Sprecher fungiert nun C.W. Hendgen, der mit seinem Temperament und Humor Leben und Stimmung bringt. Weiterhin großen Anklang findet auch die „Bezwingerin der Berberlöwen“ Christa Christensen. Die übrigen Mitwirkenden und auch die Beiträge des Hausorchesters fügensich in den gediegenen Rahmen des abwechslungsreichen und unterhaltenden Programms gut ein, das einen Besuch lohnt.
KONSTANZER ZEITUNG #139, 1. Juni 1920
VEREINS- UND VERGNÜGUNGS-ANZEIGER
Das Cabarett Corso eröffnet heute abend 8 Uhr seine Sommerspielzeit. Erstklassige Großstadt-Cabarett-Künstler bringt uns das Juni-Programm. Ganz besonders hervorzuheben ist der Spielleiter des Münchner Künstler-Rings, Herr Hans Herbeck, sder elegante Chansonier und meister-Conferenzier in selbsverfaßtem Repertoire. Außerdem Frl. Vera Trolle, Operettensängerin, Frl. Jutta Barral, Liedersängerin, Heinz Trolle, moderner Humorist, Lia Riola (die kleine Zigeunerin), Vera und Heinz Trolle, Gesang- und Tanz-Duett.
KONSTANZER ZEITUNG #152, 15.Juni, 1920
AUS STADT UND LAND
Kabarett Korso. Der gegenwärtige Spielplan im Kabarett Korso ist besonders interessant und unterhaltend. Jede Nummer ist diesmal gut und findet starken Beifall. Der hier von früherem Auftreten her noch bestens bekannte Sänger und Rezitator Hans Gerbeck bringt mit Witz und Humor Stimmung unter das Publikum. Seine Vorträge sind wirkungsvoll und trotzdem dezent; es tritt dazu, daß er fast nur selbstverfßtes vorträgt. Vera Trolle ist eine fesche Wienerin, die mit guter Stimme, Grazie und Temperament Operettenlieder zum Vortrag bring und flott tanzt. Ein Stück gemüt- und geistvollen Wienertums in seiner Liebenswürdigkeit ist in ihr und ihren Darbietungen verkörpert. Zusammen mit dem stimmbegabten Heinz Trolle gab sie noch einigeGesangs- und Tanzduette aus bekannten Operetten, die lebhaften Beifall fanden. Lia Riola als temperamentvolle Vortragskünstlerin und eine stimmlich begabte, seriöse Liedersängerin Jutta Barral ergänzen das ausgezeichnete Programm, das diesmal ganz auf den süddeutschen Ton abgestimmt ist und das darum auch verwöhnte Leute zu befriedigen im Stande ist.
KONSTANZER ZEITUNG #157, 19.Juni, 1920
AUS STADT UND LAND
m. Kleinkunstbühne Passage-Café. Der Leitung ist es gelungen, für die zweite Junihälfte ein wirklich gutes Programm zusammenzustellen. Tilly Rome als Sprecherin und gediegene Vortragskünstlerin, die mit ausgeprägtem künstlerischem Empfinden zu rezitieren versteht, leitet den Spielplan stimmungsvoll ein. Loa Solitta ist Meisterin ihres musikalischen Fachs, in dem sie besonders als Violinistin beachtenswertes leistet. Dahlmeier, der Mann auf dem Wegweiser, zeigt sich als urkomischer Parterreakrobat mit guten Leistungen. Die feurige Ungarin Carmen setzt das Publikum in ihren graziösen Nationaltänzen und ihrer sympathischen Erscheinung in Bewunderung. Der hier bekannte Hof-, Kammer- und Straßensänger zur Laute übt starke Anziehungskraft aus. Graf Stargard zeigt, daß ihm die sechs Tage Gefängnis, die ihm die Franzosen in Frankfurt a. M. Wegen seiner beißenden, aber treffenden Loreley-Parodie zudiktierten, seinen köstlichen Humor nicht verloren haben.
KONSTANZER ZEITUNG #174, 7. Juli, 1920
AUS STADT UND LAND
r. Klein-Kunstbühne Kaffee Passage. Der Spielplan der ersten Julihälfte des Unternehmens findet wieder ungeteilten Beifall. Die jugendliche Soubrette Irma Valeska wirkt in Erscheinung und Vortrag recht sympathisch. Lenny Ly ist eine Liedersängerin mit angenehmer Stimme. Besonders naturfrisch ist das Auftreten des obersteirischen Gesangs- und Tanzduetts Lene und Wally mit ihren Schuhplattlern und Jodlern in der Alpenszene „Die Verlobung auf der Alm“. Auch die Vorträge des Bachus-Trio sind anerkennenswerte Leistungen, die viel Anerkennung finden. Der Humorist Hugo Bachus und der hier gern gesehene Kölner Humorist Josef Neschen stellen sich mit ihrem gesunden Humor recht wirkungsvoll ins Ganze, sodaß ein Besuch vollauf befriedigt.
KONSTANZER ZEITUNG #234, 4. September, 1920
AUS STADT UND LAND
Cabaret Corso. Im Cabarett Corso sind in dem diesmonatlichen Programm wieder eine Reihe guter Kräfte zugegen. An erster Stelle ist Anny Koch, eine Münchnerin, mit ihren humoristischen Vorträgen zu nennen. Ein Kunstgesangsduett Kreuzer-Lindner, das aus Opern und Operetten Vorträge zu Gehör bringt, macht einen vorzüglichen Eindruck. Gerd Friedmann bringt eine Anzahl Cabarettnummern wirkungsvoll zu Gehör und tanzt mit seiner Partnerin einige moderne Tänze. Das ganze Programm ist unterhaltend und findet dementsprechenden Beifall des Publikums.
KONSTANZER ZEITUNG # 262, 2. Oktober 1920 (Abendausgabe)
AUS STADT UND LAND
Eröffnung des Sackgarten- Varietés.
Es war ein stark besetztes, aber nicht ausverkauftes Haus – darunter viele geladene Gäste – das die gestern abend vor sich gegangene Eröffnungsvorstellung im Sackgarten-Varieté-Theater auszeichnete. Und um es vorweg zu sagen: Die Darbietungen standen auf einer beachtenswerten Höhe. Es war ein erstklassiges Großstadtprogramm, das geboten wurde. Klappte auch manches nicht, wie es sollte, so mag dies auf Umstände zurückzuführen sein, die wir unten des Näheren einer Beleuchtung unterziehen wollen. Die Ausstattung des Theatersaales und der Bühne macht auch auf das Publikum den von uns schon dargelegten guten Eindruck. Konstanz hat nun sein Varieté, das sich sehen laßen kann.
Nun zu dem Gebotenen. 14 Nummern einschließlich der Musikvorträge verzeichnete das Programm, das mit einer Ausnahme (Romana Bornadi-Bößl, die von Regensburg den Anschluß nach Konstanz nicht mahr erreichte) sich lückenlos abwickelte. Zuerst boten die „Zwei Senhors“ mit ihrem equilibristischen Akt Staunenswertes und Vollkommenes. Was sollte man eigentlich mehr bewundern: die Exaktheit des männlichen Partners in den Kopf- und Handständen oder die Muskelkraft und erstaunlicheGelenkigkeit der Dame. Den Abschluß ihrer Darbietungen bildete ein Zahnakt, bei dem man das Gruseln erlernen konnte. Eine ganz hervorragende Unterhaltungsnummer stellt Paul Carro, ein unübertrefflicher Bauchredner, der mit seinen sprechenden und tanzenden Figuren die Lachmuskeln der Besucher stark in Anspruch nahm. Täuschend ist seine Nachahmung der Figuren in Sprache, verblüffend die Beweglichkeit der Figuren. Als sich Herr Carro noch mit den großen Unbekannten auf dem Dache und im Keller unterhalten hatte, wollte der Beifall, der ihm auch während seiner Vorführungen gespendet wurde, kein Ende nehmen.
Enorme Kraftleistungen erbringen die „Zwei Morandis“, die ihren Akt das „lebende Handgepäck“ nennen. Und mit Recht. Wie ein leichtes Gepäck behandelt der kraftvolle Untermann seinen gewiß nicht leichten, dafür aber umso beweglicheren Partner. Es ist gute Hand-auf-Handarbeit, die gezeigt wird. Waren nun auch die einleitenden Nummern des Programms, wie dies nicht immer der Fall ist, ausgezeichnet, so sollte sich die Stimmung mit dem Auftreten des „G'scherten Maxl“, dem Urtyp des Bauern-Komikers, noch erhöhen. Wie er das Publikum mit seinen Vorträgen und seiner Mimik zu unterhalten weiß, ist originell und auch er hatte den Beifall auf seiner Seite.
Den zweiten Teil leiteten die „Zwei Auberts“ ein, die mit ihren akrobatischen Tänzen eine angenehme Abwechslung waren. Ihnen folgte H. Gutwald, der Mann, der alle Hände voll zu tun hat. Sein gewinnendes Auftreten, seine Fertigkeit und seine Ruhe, mit der er die Keulen, Reifen oder Kugeln zu behandeln weiß, fand allseitige Zustimmung. Den Höhepunkt aber erreichten die vielseitigen und abwechslungsreichen Darbietungen echter Varietékunst mit dem Auftreten der komischen Kunstradfahrer „Petersen und Petry“. Verblüffend wirken ihre eleganten und sicheren Vorführungen auf den Rädern – ob ganz oder auseinandergenommen – die in schneller Aufeinanderfolge fast Unmögliches der Radfahrer-Balancekunst vor Augen führen. Originell war der Abschluß ihrer Arbeit mit den Riesen- und Zwergrädern.
Konnte man nun von den artistischen Darbietungen hochbefriedigt sein, so ließ der technische Apparat, wie dies auch kaum anders zu denken war, sehr zu wünschen übrig. Vor allem muß die Leitung des sonst guten Orchesters bestrebt sein, mehr Temperament und Schwung, ein unerläßliches Etwas für Varietémusik, sich anzueignen. Das oft sehr störende Fehlen der Verbindung mit der Bühne darf nicht auf das Kontodes Kapellmeisters Dr. Weistner gesetzt werden, da Bühnenvorbau und Rampenlichtverkleidung ihm jede Sicht auf die Bühne unmöglich machten. Auch wäre es angebracht, den Klavierpart einem zweiten Musiker zu übertragen, damit er, der doch die Seele des Ganzen sein sollte, freie Hand erhält. Weiter wäre der technischen Leitung der Einbau eines Scheinwerfers zu empfehlen, der namentlich bei den Schaunummern (Keulenjongleur, Tanzdarbietungen usw.) vermißt wurde. Ferner muß eine andere Saaleinteilung ermöglicht werden, die in ihrer jetzigen Art für Publikum und Bedienung durch die Enge störend ist. Daß es bei diesem förmlichen Aufeinandersitzen auch sehr heiß wurde, dazu mag auch die Einschaltung der Dampfheizung, die offenbar wegen des Austrocknens der Wände erfolgt war, ein gut Teil beigetragen haben. Der Erwägung anheim zu geben wäre für die Direktion außerdem noch der Einbau eines starken Ventilators (die beiden Luftschächte genügen nicht) und einer Uhr am Saaleingang. Aber diese Einrichtungen werden sich im Laufe der Zeit noch ermöglichen lassen und dann das Theater zu einem allen Ansprüchen entsprechenden Unterhaltungsraum machen.
KONSTANZER ZEITUNG # 269, 9. Oktober 1920 (Abendausgabe)
AUS STADT UND LAND
Kabarett Korso. Das Kabarett Korso unter der Direktion Fallers, hat sich im Laufe der Zeit zu einer Einrichtung entwickelt, die dauernd ihr festes Publikum an sich fesselt. Auch diesen Monat bekommt man wieder ein durchweg zufriedenstellendes, unterhaltendes Programm zu sehen. Der Zauberkünstler Bari führt eine Reihe selten gesehener Tricks mit einer verblüffenden Gewandtheit und Offenheit vor dem Publikum vor. Die Art seiner Darbietungen dürfte zu dem Besten zählen, was auf diesem Gebiet geboten wird. Waldemar Keitel bringt eine Anzahl sehr ansprechender, humoristischer Stücke in einer gediegenen Vortragsweise, die Tänzerin Clara Sydow führt einige interessante klassische Tänze mit Temperament und Stilgefühl vor und Dr. Hans Schilcher bringt Heiteres und Ernstes in Vortrag und Gesang. Das Programm ist unterhaltend von der ersten bis zur letzten Nummer und findet allabendlich den lebhaften Beifall des Publikums.
KONSTANZER ZEITUNG # 288, 29. Oktober 1920
AUS STADT UND LAND
Sackgarten-Varieté. Auch das Programm der zweiten Oktoberhälfte erfreut sich stets eines regen Besuchs, der die wirklich guten Darbietungen aller mitwirkenden Kräfte rechtfertigt. Der Humorist Girardet hat neue Schlager in sein Repertoire aufgenommen, die allabendlich lebhaften Anklang finden. Auch die Dorettys mit ihren waghalsigen, aber mit sicherer Eleganz und enormer Kraft gebotenen Leistungen verdienen den ihnen Zuteil werdenden reichen Beifall vollkommen. Die zwei Bernos arbeiten nun in den schwierigen Darbietungen am Billard mit vorbildlicher Ruhe und Sicherheit. Morello, der Urkomische, mit seinen vielseitige Einfällen, die Tänzerin Violanty und Martha Busch mit ihren Vorträgen finden die ihnen gebührende Anerkennung. Ueber Scherbers vielseitige und erstaunliche Kunst herrscht nur eine Stimme des Lobes. Das nun unter Kapellmeister Jäger, der leider mit Programmwechsel wieder Konstanz verläßt, gut eingespielte Orchester vervollständigt das sehenswerte und nur noch drei Tage laufende Programm.
KONSTANZER ZEITUNG # 283, 23. Oktober 1920
AUS STADT UND LAND
Betzolds Kleinkunstbühne erfreut sich fortwährend eines lebhaften Besuches. Das Programm der zweiten Oktoberhälfte steht auf einer anerkennenswerten Stufe. Wenn auch die Gesangschöre des Hildau-Ensembles nicht gerade erstklassig sind, so entschädigen die Burlesken Hildaus und die urkomischen bayrischen Bauernkomödianten Peter und Pauli vollständig. Marta Mertella ist eine fesche Vortragssoubrette, die die sympathische Vortragskünstlerin Margaret Freywald noch zu übertreffen sucht. Julius de Lemos als Sänger zur Laute leistet ebenso anerkennenswertes wie das Gesangsduett Lemos-Freiwald. Ganz besonders verdienen die Leistungen von Kapellmeister Bannholzer vom Landestheater Karlsruhe hervorgehoben zu werden.
KONSTANZER ZEITUNG # 292, 3. November 1920
AUS STADT UND LAND
Im Sackgarten-Varieté hat für die erste Novemberhälfte eine neue Schar durchweg erstklassiger Künstler Einzug gehalten, die, wie gestern kurz mitgeteilt, in der ausverkauften Eröffnungsvorstellung einen vollen Erfolg ihrer vorzüglichen Darbietungen verzeichnen konnte, der sich auch gestern abend bei gut besetztem Hause in allen Teilen wiederholte. Fast jede Nummer des fachmännisch gut zusammengestellten und unter Abel-Fiedlers Leitung sich flott abwickelnden Programms ist ein Schlager. Schon die erste Nummer, die Gebrüder Zuschka, sind als urkomische Lumpenmaler in ihrem Genre ausgezeichnet. Hedda Boyer stellt sich als drolliges Zimmermädchen vor, ohne aber sonderlich drollig zu wirken. Sie hat aber mit der Erzählung ihrer „Erlebnisse“ die Lacher auf der Seite. Exzentrik-Akrobatik in höchster Vollendung und dazu noch immer etwas Neues zu bringen, ist bei der sich heute überbietenden Konkurrenz nich leicht. Den 3 Thomas aber ist dies mit ihrer Nummer gelungen und sie bringen in ihren turnerischen, akrobatischen und Balance-Darbietungen nur Neues und fast Unübertreffliches. Aus den vielen, mit fabelhafter Behendigkeit, Geschicklichkeit und Kraft ausgeführten Tricks, um in der Artistensprache zu reden, sei nur weniges herausgegriffen. Es wird wohl selten einen Turner geben, der eine Armwage in der Vollendungauszuführen weiß, wie der eine Künstler sie zeigt. Zusammen mit einer jungen Dame zeigt der gleiche Künstler auch enorme akrobatische Leistungen. So erfordert das Wälzen der Dame um den Körper des Artisten große Geschicklichkeit und Kraft beider. Ein Akrobat, der seine schwierigen Kunststücke mit entsprechenden komischen Einfällen zu verbinden weiß, ist der dritte im Bunde. Seine Saltos über den Rücken sind außerordentlich schwierig und seine Balancekunststücke auf der hohen Leiter erregen ein gewisseas Gruseln beim Beschauer. Und so war der Beifall, der mitunter schon während der Vorführungen einsetzte, verdient. Eine weitere Zugnummer ist der Sprechkomiker Hans Ehnle, der mit jedem Satz seine „Blödsinns“, wie er seine Vorträge selbst bezeichnet, Lachsalven hervorzubringen weiß. Daß Geschwindigkeit keine Hexerei ist, zeigt Fred Edlawi in seinem Verwandlungssketch „Eine Minute zu spät“. Er spielt die fünf Rollen, darunter eine Dame, mit solcher Natürlichkeit und Täuschung, daß man bei der Schnelligkeit der Verwandlung oft im Zweifel sein muß, ob es die gleiche darstellende Person auch wirklich ist. Dazu ist er noch ein vortrefflicher Sänger. Den Schluß seiner mit berechtigtem Beifall aufgenommenen Darbietungen bildeten eine Reihe verblüffend ähnlicher Kopien hervorragender Komponiste, wie Wagner, Verdi, Offenbach, Bellini, Berlioz, Haydn, Strauß usw. Den vielfachen Hervorruf quittierte der Künstler mit weiterem Wechsel der Kostüme. Alfred Walde, der Musikalvirtuose, ist ein Wunderkind. Mit einer staunenswerten Fertigkeit verbindet er bei seinen Darbietungen auf dem Xylophon eine ausgezeichnete musikalische Auffassung und Taktgefühl. Auch er wurde sehr gefeiert. Nach diesen wirklich hervorragenden Nummern fallen die beiden Komödianten „Donner und Doria“, die sich auch nicht ganz berechtigt Exzentrik-Akrobaten nennen, etwas ab. Aber auch sie haben mit ihren witzigen Einfällen und namentlich mit der „Boxerparodie“ die Lacher auf der Seite. Und damit wäre der Zweck der Übung erreicht. Vielleicht würde es sich aber, um die Steigerung besser zu zeichnen, empfehlen, diese Nummer vielleicht mit der der drei Thomas zu tauschen. Das Orchester unter dem neuen Kapellmeister Moritz Förtsch paßte sich der Bühne geschmackvoll an und gab der Vorstellung, deren Besuch nur empfohlen werden kann, eine wohltuende Abrundung.
KONSTANZER ZEITUNG # 315, 26. November 1920
AUS STADT UND LAND
Das Kabarett Korso bringt zum Programmwechsel wiederum auserlesenes. Da ist Käthe Heydt, die mit einer eigenen Sache „Einquartierung“ und mit Schlagerkouplet von Wilh. Braun „Die Wiese bei der Infanterie-Kaserne“ das Publikum interessiert. Elsi Dorgee trägt mehrere eigene Lieder und Kouplets vor und bringt zum Schlusse das bekannte Dirnenlied von Rob. Stolz. An Edwi Dorgee, die sich als „Dame in Frack“ recht gut in Konstanz eingeführt hat, schätzen wir insbesondere die Wärme ihrer baritonalen Stimmgebung und die Vornehmheit des Auftretens. Sie bringt das Mendelsohn'sche „Wenn durch die Piazetta die Abendluft weht“, „Dein gedenk ich Margaretha“ von Meyer-Helmund und „Behalte lieb dein Vaterhaus“ von Haselhoff. Zum Schluß sei noch das Gesangsduett der Geschwister Dorgee in „Der Sänger und die Hirtin“ von Ragiller gebührend erwähnt. Den Ansagerposten versieht Rudi Rolph. Er wartet außerdem in seiner Eigenschaft als Humorist mit Kouplets und Witzen auf und tanzt mit seiner geschmeidigen Partnerin Trudi Egnal moderne Tänze. Ein Besuch des Programms ist demnach zu empfehlen.
KONSTANZER ZEITUNG # 315, 26. November 1920
AUS STADT UND LAND
Sackgarten-Varieté. Das wirklich sehenswerte Familienprogramm des aufstrebenden Theaters hat seine Zugkraft bewahrt. Besondern Anklang findet vor allem Roberts Marionetten-Theater, die erstaunlichen Leistungen der 3 Thomas und die sicheren und elegant ausgeführten Handaufhand-Darbietungen der Gebrüder Kühn, die eine Zugnummer des Programms sind. Lebhafte Zustimmung finden auch die humoristische Vorträge Heinz Ehnles, der musikalische Akt der Geschwister Kaufmann, sowie Severo und Alaida Koreischa in ihren Tanzdarbietungen. Little Bill, der famose Imitator von Tierstimmen und Musikinstrumenten, sorgt für einen ergötzlichen Abschluß des Programms, dessen Besichtigung vor dem Wechsel am Dienstag zu empfehlen ist.
KONSTANZER ZEITUNG # 322, 2. Dezember 1920
AUS STADT UND LAND
ch. Sackgarten – Varieté. Daß das moderne Varieté sich etwas an das Kabarett ausgeglichen hat, ist zweifelsohne. Während man vor Jahren Tänzerinnen oder gar Sängerinnen (vorausgesetzt, daß sie keine stimmlichen Abnormitäten waren) im Varieté nur ganz vereinzelt antraf, sind diese Erscheinungen heute gang und gebe. Und nicht zum Nachteil eines Programms, das dadurch abwechslungsreicher und – billiger wird. Und so finden wir auch im Programm der ersten Dezemberhälfte des Sackgartens eine Charaktersängerin, Norma Urban, die mit ihren Liedern gefallen findet. Laurent und Lamotte nennt sich ein Tanzpaar, das Fantasie- und moderne Tänze in Anmut und Eleganz, aber auch mit Temperament und Kunst zu bringen zu bringen weiß. Und weiter finden wir eine Tanzeinlage, Olga und Elma Vernandez, schöne Gestalten an Angesicht und Körper, vertreten, die ebenso wie die Vorgenanntenmit ihren Darbietungen Zustimmung finden.Varietékunst in höchster Vollendung bietet Proba in seinem Zahnkraftakt. Stühle und Tische in Vervielfältigung zu heben, sind für sein Gebiß Leichtigkeit und den Rekord dürfte das Tragen dreier Tische, Fünf Stühlen und dazu noch einer weiblichen Person, die auf dem Aufbau sitzt, sein. John Hudson, der Ausbrecherkönig, ist ein Meister seines Faches. Mit anscheinend spielender Leichtigkeit entledigt er in wenigen Minuten sich der Handschellen und der Zwangsjacken, die ihm von Personen aus dem Zuschauerraum im Schweiße ihres Angesichts und unter Anwendung aller Finessen angelegt werden. Seine Höchstleistung aber ist die Befreiung aus der Verschlingung einer mehrere Meter langen Kette, ein sehenswertes Experiment, das er an Kopf und Kinn (Knie???) aufgehängt, in der Luft ausführt. Uferinis Zaubertheater ist den Konstanzern durch den Bruder des jetzt hier auftretenden Uferini bekannt und doch weiß dieser und sein Helfer Neuheiten auf dem Gebiet der magischen Kunst zu bieten, die den gesehenen schwarzen Künsten in Nichts nachstehen, sie aber in ihrer verbüffenden Ausführung mitunter noch zu übertreffen wissen. Als Modelleur weiß P. Cotta, der lustige Lehmpatzer amüsante Figuren in die weichen Massen zu formen. Charly Masch ist ein glänzender Humorist und improvisator, der unter anderem mit Lokalbegebenheiten in humoristischer Form aufwartet. Den Beschluß des auch diesmal wieder gut zusammengestellten und sehenswerten Programms bildet ein komisch-seriöser Drahtseilakt von Tensi Parkins und Partner. Auch dem orchestralen Teil wurde von Kapellmeister Förtsch wieder besondere Beachtung geschenkt.
KONSTANZER ZEITUNG # 326, 7. Dezember 1920
AUS STADT UND LAND
Cabarett Corso. Direktor Faller hat sich auch diesmal Mühe gegeben, sein Monatsprogramm mit Sorgfalt und Auswahl zusammenzustellen, um damit die zahlreichen Besucher seiner gediegenen Räumlichkeiten zufriedenzustellen. So wartet als erste Rena Wörz mit einem Biedermaier- und einem Bauerntanz auf, denen sie später noch einen Grotesktanz von guter Wirkung hinzufügt. Eine gute Schulung und Ausgiebigkeit aufweisende Stimme nennt Margarete Merkel ihr eigen und weiß damit in ihren Liedervorträgen (Operettensketch „Sybill“, „Im Prater blüh'n die Bäume“ und einem weiteren Wiener Lied) zu erfreuen und Beifall zu finden. Als Tanz- und Vortragssoubrette leistet Agathe Schwerin Vorzügliches und ihr Vortrag wirkt durch Natürlichkeit und Anspruchslosigkeit belebend und erfrischend. Dazu tanzt sie noch ausgezeichnet. Ihr „Kastagnetten-Bolero“ war eine brave Leistung. Otto Sieber ist ein vorzüglicher Dialekthumorist und erzielt mit seinem in echt schwäbischer Mundart gebotenen Vortrag „Im Dampfbad“, den er mit einer vorzüglich wirkenden Mimik zu verbinden weiß, schlagenden Erfolg. Auch seine weiteren Vorträge (Parodie auf „Komm mit in die Diele“ und „Biscacek am Bosporus“) sind gut und stimmungsvoll, bedürfen allerdings noch einer sprachlichen und deklamatorischen Abrundung. Angenehme Verbindung zwischen den einzelnen Vortragsnummern stellt Walter Hendgens dar, der durch sein Auftreten im Frühjahr in angenehmer Erinnerung steht. Auch seine Witze und eigenen Dichtungen sind bestens dazu geeignet, die Stimmung zu beleben. Das unter Dr. Wüstners Leitung stehende Orchester bietet den Künstlern eine dezente Begleitung und weiß auch durch ansprechende Musikstücke die Pausen des unterhaltenden Programms gut auszufüllen. Ein Besuch des Cabaretts ist zu empfehlen.